Rembrandt-Führung Online am 13.01. im Städel-Museum

Die Nachtwache (Rembrandt van Rijn)

Rembrandt-Führung Online am 13.01. im Städel-Museum

Der Alumni-Club Hessen traf sich am 13. Januar 2022 zu einer Online-Führung des Städel durch die laufende Groß-Ausstellung „Nennt mich Rembrandt – Durchbruch in Amsterdam“, nach erneuter Mithilfe unserer Alumna Stefanie Jerger, Marketing-/Presse-Chefin des Hauses.

Durch den Abend geleitete uns der Club-Vorstand Peter Claußen. Durch die Exposition führte kenntnisreich inhaltlich Anna König.

Wie wurde aus dem 9. (von 10) Kind(ern) einer Müllersfamilie in Leiden der (schon zu Lebzeiten) berühmte Rembrandt, der Schöpfer der „Nachtwache“?

Schon früh wurde seine Begabung entdeckt, ein klassisches „Wunderkind“ (fast wie ein Mozart an anderer Stelle). Er durfte als einziges Kind der Familie auf die Lateinschule und später die Universität, wo er jedoch sein Studium abbrach (wie etwa ein Elon Musk), weil ihm als Künstler alle 3 Haupt-Disziplinen (Jura, Medizin und Theologie) nicht behagten. Er verdingte sich stattdessen als Handwerker-Lehrling an einer Malschule in Leiden, wo er zu seinem Talent Kunstfertigkeiten erlernte.

Amsterdam, die boomende Metropole Europas und der (westlichen) Welt im 17. Jahrhundert (die ihre Einwohnerzahl in dem ersten Halbjahrhundert fast ver-20-fachte), das New York („Nieuw Amsterdam“) des Zeitalters, im „Goldenen Jahrhundert“ der Niederlande, zog wie weiland der Namensgeber später (NYC) als internationales Handels- und Börsenzentrum eine internationale Klientel sowohl von Kaufleuten als auch Künstlern an, beinahe nach dem Motto viel später: If I can make it there, I’ll make it anywhere. Die reichen Kaufleute, die gutsituierten Bürger wollten ihren Reichtum angemessen präsentieren, und beauftragten Künstler, diese ins rechte Licht zu rücken. Sage und schreibe 70.000 Bild-/Kunstwerke insgesamt wurden gleichzeitig in der Stadt angeboten (bei einer Einwohnerzahl von 200.000)!

Schon bald war Rembrandt mit seinen Bildern erfolgreich, und entsprechend selbstbewusst, Typ Selfmade-Man, Aufsteiger, Macher, Unternehmer, ein früher „Netzwerker“, der gezielt Aufträge in der Nähe des Statthalters annahm. Er schuf mit seiner Signatur nur des Vornamens (wie Raffael, Tizian oder Michelangelo) eine Marke. An seinem Vornamen sollten sie ihn erkennen, wie viel später anderswo einen „Boris“ und eine „Steffi“ oder eine „Heidi“.

Der Innovator Rembrandt hat schnell die Bedeutung des Marketings für sich entdeckt, vielleicht in etwa ein Steve Jobs der Zeit, ein Erfinder und zugleich meisterhafter Erzähler, mit (konstruktiv) rebellischer Attitüde. Er inszenierte eine „Dach-Marke“. Wie ein Hitchcock nachmals im Film setzte er sich in vielen Bildern selbst als Statist in Szene, immer wiederkehrend, ein running gag. Mit Richard Wagner hat er nicht nur das beliebte Barrett als Erkennungszeichen gemeinsam, sondern auch, dass beide schlecht mit Geld umgehen konnten.

Mit seinen insgesamt mindestens 40 Schülern seiner Werkstatt ist er buchstäblich nicht nur allseits anerkannter Meister seines Fachs geworden, sondern herausragender künstlerischer Maestro, beliebtester Porträtmaler.

Seine Bilder waren im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen nicht idealisierend aufgehübscht (wie heute auf Instagram), sondern sollten (so sein Motto) eine „…größtmögliche Natürlichkeit und Beweglichkeit“ zeigen. Sie zeugen von besonderer Beobachtungsgabe, Tiefenschärfe, Dreidimensionalität. Besonders markant ist seine Inszenierung des Lichts, das Spiel von Licht und Schatten, als begnadeter Drucker besonders in seinen Druckwerken.

Er war ein ausgezeichneter Geschichtenerzähler, etwa bei der „Blendung Simons“, ein Großmeister von Historiengemälden.

Nicht umsonst wurde diese Zeit gelegentlich als Rembrandt-Zeit tituliert: So sehr hat er seiner Stadt und seiner Zeit buchstäblich den Stempel aufgedrückt.

Während  der anschaulichen und lehrreichen Präsentation wurde von der Chat-Funktion bei ZOOM reichlich Gebrauch gemacht. – Bald treffen wir uns (dennoch, hoffentlich) wieder offline miteinander.

 

Andreas Heuberger