Alumni Club Berlin–Brandenburg – Prof. Schiewer stellte das Buch „Soll man es wagen? – Briefwechsel zwischen Rilke und Brumhof” vor
„Frisch gewagt ist halb gewonnen“
Diese Weisheit des griechischen Dichters der Antike Horaz muss sich einst auch Rainer Maria Rilke wohl vorgenommen haben, als er 1917 in München die Illustratorin,
Zeichnerin und Graphikerin Agnes Therese Pariser kennenlernte. Mit ihr, die sich später den Künstlernamen Brumof gab, entstand ein sieben Jahre andauernder reger Briefwechsel als beide 1919 München mit unterschiedlichen Zielen verlassen. Beide sehen sich bis zu Rilkes Tod 1926 nie wieder.
Der späte und überraschende Fund der 23 bisher unbekannten Rilke-Briefe an Brumof hat den Mediävisten und früheren Rektor der Universität, Prof. Hans-Jochen Schiewer veranlasst, gemeinsam mit dem Literaturwissenschaftler Prof. Achim Aurnhammer diesen Briefwechsel auszuwerten und in einem spannend dokumentierten Band herauszugeben.
Am 4. April 2024 stellte Prof. Schiewer auf Einladung des Alumni-Clubs Berlin/Brandenburg das Buch „Soll man es wagen? – Briefwechsel zwischen Rainer Maria Rilke und Agnes Therese Brumhof 1918-1926“ in den Räumlichkeiten des traditionsreichen Berliner Buchhändlerkellers vor. Vor einem voll besetzten Auditorium begrüßte für den Buchhändlerkeller Hartmut Mangold ein interessiertes Publikum und erinnerte an seine eigene Studienzeit in Freiburg unter anderem in Literaturwissenschaft Ende der 70er Jahre. Silke Engel dankte dem Buchhändlerkeller im Namen der Alumni für die Gastfreundschaft und kündigte an, den Mitherausgeber Prof. Aurnhammer, der ihr Doktorvater sei, ebenfalls für einen Besuch in Berlin gewinnen zu wollen.
Prof. Schiewer trug dann aus den Briefen vor und ergänzte Aspekte und Details aus dem Leben und Werdegang der Agnes Therese Brumhof, die einer wohlhabenden jüdischen Familie entstammte. Mit seiner stets sehr engagierten und eindringlichen Rhetorik vermittelte Schiewer das Bild einer für die damalige Zeit ungewöhnlich selbstsicheren und emanzipierten Frau, die von Rilke beeindruckt war, sich von ihm angezogen fühlte, ihm aber gleichzeitig intellektuell ebenbürtig war, was wiederum Rilke zu dem langjährigen Briefwechsel veranlasste, den beide über die ganze Zeit sehr diskret führten.Erst im abschließenden Frageteil der Veranstaltung kam heraus, wie die Rilke-Briefe entdeckt wurden, die Therese Brumhof während der Naziherrschaft wie auch ihr eigenes Leben retten konnte und bis zu ihrem Tod 1987 in Berlin aufbewahrte. Nur der zufällige Fund einer originalen Visitenkarte Rilkes auf dem Briefbündel retteten diese literaturhistorischen Schriftstücke vor der Papiertonne.
Das Ereignis endete in geselliger Runde in einer benachbarten Gastwirtschaft mit der übereinstimmenden Einschätzung aller Anwesenden, einen außerordentlich interessanten und anregenden Abend erlebt zu haben.
Jochen Wolter