Alumi–Club Berlin Brandenburg, ein besonderer Alumni-Abend in Berlin
Rudolf-Werner Dreier lässt den Blick aus der 9. Etage der CMS-Kanzlei am Potsdamer Platz über den Tiergarten schweifen. „Berlin hat auch seinen Central Park“, schmunzelt Sarah Stephens neben ihm. Sie kam mittags aus New York und wollte die Streiflichter der Geschichte ihrer Alma Mater nicht verpassen. Sie hatte drei Semester Germanistik in Freiburg studiert. Seitdem fühlt sie sich der Universität und ihren internationalen Alumni-Netzwerken verbunden. Im Vorstand des Fördervereins Nordamerika engagiert sie sich besonders für den Ausbau der „Achse New York – London – Freiburg – Berlin“.
Dreier war über 30 Jahre lang Kommunikationschef der Universität Freiburg und ist Vater des Alumni-Gedankens, den er nach Deutschland holte. „Um nach dem Ereignisreichen Berufsleben herunterzukommen, bin ich als Historiker zu meinen Wurzeln zurückgekehrt“, beginnt Dreier seinen Vortrag. Herausgekommen ist ein Bildband über die wechselhafte Geschichte der Hochschule. „Es gibt Gebäude, Keller oder versteckte Orte der Universität, in denen auch ich noch nie gewesen bin“, frohlockt Dreier. Das Buch “Universität Freiburg” schildert den ereignisreichen Weg von der Gründung im Jahr 1457 bis heute und bietet manche Unbekannte. „Als die Reinhold Karpp Rolling Stones Collection an das Archiv für Popmusikkulturen der Universität ging, haben wir eine Pressekonferenz organisiert. Nie wieder habe ich so einen Medienansturm erlebt, das war einmalig“, erinnert sich der frühere Pressechef. Die Rolling Stones Collection umfasst ca. 15.000 Tonträger, Bücher, Zeitungsausschnitte, Fankorrespondenz und Merchandise-Produkte.
„Eigentlich kann das Buch auch als Alltags- oder Kultur- bzw. Sozialgeschichte verstanden werden“, meint Dreier, der seinen freien und launigen Vortrag mit Anekdoten, Kuriositäten und Einblicken in das Zusammenspiel von Stadt und Universität garniert. So schildert er, wie der Kartograf Martin Waldseemüller, der als Freiburger Student 1507 eine berühmte Weltkarte schuf und ‘fake news’ verbreitete: „Auf der Karte bezeichnete er den neu entdeckten Kontinent als „America“– aber nur, weil einen Fehler aus der lateinischen Begleitschrift seines Kommilitonen Matthias Ringsmann übernahm“, erläutert Dreier. Ringsmann dachte irrtümlich, dass der Florentiner Seefahrer Amerigo Vespucci das Land entdeckt hatte. „Man kann also mit einigem Recht sagen, Amerika kommt aus Freiburg“, meint Dreier.Auch Kulinarisches nimmt der Historiker in den Blick: Seit der Gründung gehörten der Universität Freiburg Äcker und Weinberge. Studenten und anderen Universitätsangehörige fielen immer mal wieder durch Trunkenheit auf: „So hatte ein Student derart viel intus, dass er einen Schutzmann in der Freiburger Innenstadt ohrfeigte“, weiß Dreier zu berichten; „Da die Universität zur Ahndung solcher Taten die Gerichtsbarkeit hatte, saß der Student seine Strafe im Karzer ab – was den Stadtherren gar nicht schmeckte.“ Dreier schlägt stets den Bogen in die Gegenwart: 1984 griff die Universität die Tradition des Weinbaus mit dem Erwerb einiger Rebhänge im Markgräflerland wieder auf. Die Ernte bringt heute etwa 10.000 Liter Uni-Wein, der meist bei festlichen Anlässen ausgeschenkt wird.
Und der frühere Kommunikationschef erinnert sich, dass der Duft von Milchreis immer Freitags bis heute die Identität der Hochschule prägt. Neben mir schüttelt Margit Ehrenfried-Arntz den Kopf: „Ich habe damals nie Milchreis gegessen.“ Sarah Stephens aus New York aber bekommt leuchtende Augen. Im Anschluss im Biergarten berichtet sie, wie bei ihrem Freiburger Besuch der Gang in die Mensa nicht fehlen durfte: „Um das Gefühl meiner Studienzeit noch einmal lebendig werden zu lassen.“
Text: Dr. Silke Engel