Exkursion des Kunstgeschichtlichen Instituts nach Naumburg und Köln im Sommersemester 2024 (30. Mai – 2. Juni 2024)
Naumburg und Köln beherbergen jeweils herausragende Beispiele mittelalterlicher Sakralarchitektur und Skulptur innerhalb Deutschlands und waren daher im Rahmen des Seminars „Architektur und Skulptur der Gotik in Frankreich und Deutschland“ zwei ideale Exkursionsziele, um die vorher theoretisch erlernten Inhalte des Seminars in die Praxis zu übertragen und noch zu erweitern. Gerade im Bereich der Architektur und baugebundenen Skulptur stellten sich die Besuche vor Ort als fundamental wichtig für das Verständnis von Raum, Bau- und Bildhauerpraxis, sowie das Beobachten stilistischer Feinheiten heraus, die der Exkursionsleiter Prof. Hans W. Hubert uns immer wieder nahebrachte.
Der erste Exkursionstag diente der Besichtigung des Naumburger Doms, seit 2018 UNESCO-Welterbestätte, und startete mit einem ausführlichen Rundgang unter der Leitung des Stiftsdirektors Dr. Holger Kunde. Dabei wurden nicht nur die beiden Chöre, das Langhaus und die Krypta besichtigt, sondern wir erhielten auch Einblicke in die gewöhnlich nicht zugängliche Domstiftsbibliothek und das Archiv. Besonders war außerdem, dass wir zusammen mit Herrn Kunde den Westlettner besteigen durften, von dem aus man einen uneingeschränkten Blick auf die herausragenden Stifterfiguren im Westchor hat. Unter anderem diskutierten wir hier die Frage nach der Arbeitsteilung und Zusammenarbeit von Auftraggeber, Bildhauer und Architekt anhand des sogenannten Naumburger Meisters, der den Westchor samt Skulpturen als Bildhauer-Architekt allein entworfen haben soll. Auch die bereits im Seminar vorbereiteten Themen des praktischen Bauvorgangs und der Farbigkeit von Skulptur und Architektur wurden vertieft.
Unser zweiter Exkursionstag führte uns nach Köln zu drei völlig verschiedenen Kirchenbauten, die einmal mehr die große Bandbreite mittelalterlicher Architektur vor Augen führten. Das Programm begann chronologisch mit der frühromanischen Kirche St. Maria im Kapitol. Bei dem Bau handelt es sich um eine Dreikonchenanlagen, was bedeutet, dass der Chor die Grundrissform eines dreiblättrigen Kleeblattes aufweist. Was diese Aneinanderreihung von Rundungen für Auswirkungen auf das eigene Raumgefühl hat, kann man sich nur vorstellen, wenn man selbst durch die monumentale Anlage gelaufen ist. Hier wurden zudem einige der im Seminar eingeführten Methoden, wie die präzise Architekturbeschreibung und die Datierung durch stilistische Elemente, angewandt und geübt.
Danach besuchten wird St. Gereon, eine romanische Kirche auf den Resten eines antik-römischen Zentralbaus aus dem 4. Jahrhundert. Die beiden romanischen Kirchen dienten nicht nur dazu, sich bewusst über die wichtige Rolle Kölns im Mittelalter zu werden, sondern auch die Entwicklung mittelalterlicher Architektur und deren zahlreiche Ausformungen nachzuvollziehen. Dies geschah besonders in Hinblick auf den nächsten Programmpunkt, den Besuch des Kölner Doms. Im direkten Kontrast mit den vorhergegangenen Bauwerken wurde der Unterschied von romanischer und gotischer Bauweise sehr greifbar. Am Kölner Dom erhielten wir zwei Führungen. Zuerst wurde uns durch den Archäologen Prof. Sebastian Ristow durch eine sehr informative und zugleich enorm unterhaltsame Führung der Untergrund des Domes nähergebracht. Vom Untergrund ging es in die Lüfte, wir erkundeten unter der Leitung eines Kölner Kunstgeschichte-Studenten die oberen Geschosse und den Dachstuhl des Doms. Hierbei hatten wir nicht nur einen atemberaubenden Ausblick über die Stadt, sondern konnten auch das komplizierte Strebewerk des gotischen Baus aus nächster Nähe betrachten und auch die enorme Höhe der Kirche wurde einem durch die Führung körperlich bewusst.
Am letzten Tag der Exkursion befassten wir uns nun, nachdem wir das Fundament und die Obergeschosse kennengelernt hatten, mit der Fassade und dem Innenraum des Kölner Doms. Besonders intensiv thematisierten wir bei der Begehung des Chores die Apostelfiguren und den Riss F, eine 4 Meter hohe und extrem detaillierte Architekturzeichnung auf Pergament, deren Funktion wir vor Ort und im Seminar noch lange diskutierten. Es ging um Fragen des Informationsaustauschs im Mittelalter, wie Bauwerke geplant und wie Ideen festgehalten und verbreitet wurden.
Insgesamt war die Exkursion in Hinblick auf die Erschließung mittelalterlicher Sakralarchitektur und Skulptur enorm gewinnbringend für alle Studierende. Nicht nur waren wir beeindruckt von den schieren Ausmaßen der Bauwerke, uns wurde auch die Besichtigung schwer zugänglicher Orte und das Gespräch mit Experten ermöglicht und durch gemeinsame Gespräche und Diskussionen vor Ort konnten viele vorher noch offenen Fragen über die doch sehr weit zurückliegende und dadurch schwer erschließbare Zeit der Gotik und Romanik beantwortet werden. Aber auch zwischenmenschlich wurde die Exkursion von allen Teilnehmenden als bereichernd wahrgenommen, da in Gesprächen untereinander und mit Prof. Hubert viel über das Fach Kunstgeschichte allgemein, das Studium an der Universität Freiburg und spätere Berufsmöglichkeiten gesprochen wurde. Dem Alumni Freiburg e.V. sei für die finanzielle Unterstützung der Exkursion gedankt.
Leoni Mössle mit weiteren Teilnehmenden der Exkursion.
Fotos: Viktoria Gont