Alumni Club Berlin-Brandenburg – Alumnus Dr. Wolfgang Merz über Konjunktur und Wachstum

Dr. Wolfgang Merz

Alumni Club Berlin-Brandenburg – Alumnus Dr. Wolfgang Merz über Konjunktur und Wachstum

Alumnus Dr. Wolfgang Merz über Konjunktur und Wachstum mit seinem Vortrag in Berlin

Zeitlich passend zu den komplexen Haushaltsverhandlungen der Spitzen der Ampelregierung und vor dem Hintergrund internationaler Verabredungen und Verpflichtungen für massive Transferleistungen in die Konfliktregionen dieser Welt, konnte der Alumni-Club Berlin/Brandenburg den Finanzexperten Alumnus Dr. Wolfgang Merz für einen Vortrag zum Thema „Deutsche Finanz- und Wirtschaftspolitik in nationaler, europäischer und internationaler Perspektive“ gewinnen.

Dr. Wolfgang Merz

Dr. Wolfgang Merz – Foto: Jochen Wolter

Der langjährige leitende Beamte im Bundesfinanzministerium Merz vertrat über lange Zeit Deutschland im Wirtschaftspolitischen Ausschuss der EU (WPA), viele Jahre dort als Vorsitzender des einflussreichen Gremiums. Seine Erfahrungen und Expertise stellt er heute als Berater, Vortragsredner und Publizist zur Verfügung.

In den Räumlichkeiten der Anwaltssozietät CMS fanden sich auf Einladung von Alumnus Gerd Leutner gut 20 interessierte Zuhörer ein, die einen kenntnisreichen und meinungsstarken Ein- und Überblick in die komplexe und vielschichtige Thematik erhielten. Eine rege Diskussion nach dem Vortrag machte deutlich, dass Thema und Referent gut gewählt waren.

Merz analysierte die im europäischen und internationalen Vergleich erkennbare Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft. Gründe dafür seien die vielen englischen „famous Ds“. Dazu gehörte auch als langfristige Belastung eine Form der Dekadenz: die Geschichte zeige, dass Völker und Nationen, die eine lange Wohlstandsphase erlebten, in ihrer wirtschaftlichen Leitungsbereitschaft nachließen. Deutschland befinde sich in einer solchen Phase.

Mittelfristig trügen ein Denial von Reformen (seit Schröders Agenda 2010 habe es keine wirkliche Reform mehr gegeben), die Demographie, Deregulierung und eine schleppende Digitalisierung zu diesem Befund bei. Kurzfristig würden die Tendenz zur Deglobalisierung, Dekarbonisierung, Defekte in öffentlicher Infrastruktur, Bildung und staatlicher Dienstleistungen letztlich zu einer Deindustrialisierung führen.

Die Ampelregierung habe es mit einer Reihe von übernommenen politischen Baustellen zu tun, habe selbst aber durchaus einiges angepackt und angestoßen. Aber eine insgesamt unzureichende oder fehlgeleitete Kommunikation würde politische Erfolge verhindern. Deutschland habe immer wieder weitreichende Entscheidungen getroffen, ohne diese zunächst mit den europäischen Partnern abzustimmen (Atomausstieg, Migration). Auch ein kompromissloses Festhalten an der Schuldenbremse sei angesichts europäischer und internationaler Zahlungsverpflichtungen kaum durchzuhalten. Hier müsse ein geregelter und eingrenzbarer Modus gefunden werden.

Der Abend klang aus bei Zwickelbier und üppigen Currywürsten im „Lindenbräu“ im nahen Sony-Center.

Text: Jochen Wolter